Jajce ist nicht groß. Ein ausgedehnter Spaziergang durch die Stadt bringt einen automatisch in die Nähe aller Sehenswürdigkeiten.
Vorher Tasche abstellen im Hotel "Tourist". Einfach am Straßenrand fragen, es gibt nur eins. Kastenförmiger Neubau aus den kommunistischen siebziger Jahren.
An der Pliva im Park oberhalb des Wasserfalls sollte man ein wenig Zeit verbringen. Vielleicht mal wieder in der Abenddämmerung?
Zum Essen fährt man raus aus der Stadt zum nahegelegenen See (Plivska Ježero) und speist auf der Terrasse des Restaurants "Plaža". Uns trennen vier Forellen, zwei Platten in Öl gebratener Kartoffelscheiben und ein paar Schüsselchen mit verschiedenen Salaten, die über den Rand des Tisches zu kippen drohen. Der Mond beendet seinen Klimmzug am oberen Rand des Bergkessels, er ist vollkommen rund, ein in den Himmel gestanztes Loch, durch das die dahinterliegende Lichtmenge schimmert. Wir essen mit einer Hand, mit der anderen schlagen wir Mücken tot. Der See liegt wenige Autominuten westlich von Jajce. Am besten man lässt sich im Hotel eine Wegskizze aufzeichnen und vielleicht auch telephonisch einen Platz reservieren.
Nachschauen, was im Dom Kulture (direkt am kleinen Marktplatz) gerade läuft - Ausstellung, Theater und ähnliches.
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Zu sehen gibt es folgendes: Jajce hat eine verfallene Krönungsburg, darunter eine Gruppe in den Hang gekauerter, halb zerstörter oder halb wiedererrichteter Häuschen im türkischen Stil, ein Stück römischen Tempels, leerstehende Habsburgische Finanzverwaltungsgebäude, Teile einer osmanischen Befestigungsmauer, eine Menge Höhlen, Titos Villa, einen vier Kilometer langen, sorgfältig gemauerten Wasserkanal aus Österreich-Ungarn, kroatische Alltagsarchitektur, eine stillgelegte Fabrik, viele weiß schäumende Staustufen und einen dreißig Meter hohen Wasserfall mitten in der Stadt, von dem ein Showspringer sich einst zu Tode stürzte. Wild ist es zugegangen in Europa während der letzten zweitausend Jahre. Ich stehe mitten in einem Setzkasten der Geschichte, und nichts ist nicht kaputt. Sogar der Wasserfall war mal höher, bevor ein gigantischer Felsbrocken herausbrach und in den Fluss stürzte.
Seine Phantasie aktivieren um sich vorzustellen, dass Jajce, im Zentrum Bosniens gelegen, nicht nur Sitz der christlichen Könige vor der Eroberung durch das osmanische Reich war, sondern für einen kurzen Moment sogar die Hauptstadt des von der nationalsozialistischen Besetzung befreiten Jugoslawiens. Tito unterzeichnete den Gründungsvertrag und verkündete die Verfassung eines neuen Staates, der inzwischen ebenso der Vergangenheit angehört wie bosnische Könige und türkische Fürsten. Die Stadt war von einer mittelalterlichen Festungsmauer umgeben, in deren Innerem sich bucklige Häuschen in schmalen Gassen zusammendrängten. In kaum einer anderen Stadt in Bosnien hat man so sehr das Gefühl, sich die Vergangenheit hinzudenken zu müssen, um etwas sehen zu können. Jajce ist voller Leerstellen.
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