In einem der Souvenirläden für 15 K-Mark einen Stadtführer erwerben. Die Bücher sind 2001 gedruckt, beziehen sich aber in Text und Bild auf das Vorkriegs-Mostar, was die Lektüre noch interessanter macht: Tito stellt fest, dass Mostars Jugendblüte aus den Schulbänken in den Krieg zog und tapfer fiel im Kampfe gegen Okkupanten und einheimische Verräter. Aber nicht das löst den Schleudergang aus, es sind die Photos. Sie zeigen Mostars dreiundzwanzig Moscheen, die Altstadt, Brücken, blumengeschmückte Häuser, flanierende Menschheit, elegante Hotels. In einem von ihnen war ich heute, stand im kniehohen Gras und schaute durch das fehlende Dach in den unerbittlich blauen Himmel.
Das riesige Kreuz auf dem Berg über Mostar besuchen. Wäre das Kreuz ein Haus, hätte es fünfzehn Stockwerke. Wie soll ich mich fühlen an solch einem Ort, am Fuß dieses gigantischen Kreuzes, den Wind in den Haaren? Scheiße? Ganz normal? Als Christin, oder gleich als Herrin der Welt? Man verlässt die Stadt auf kroatischer Seite Richtung Westen, folgt der Serpentinenstraße nach Međugorje und Čapljina steil in die Berge hinauf. Die neu angelegte, breite Schotterpiste (welche gleichzeitig Passionsweg ist) zum Kreuz beginnt im Scheitelpunkt einer scharfen Rechtskurve, schwer zu sehen, kein Schild! Man kann bis zum Kreuz fahren und auf den Betonsockel klettern, aber keine Spaziergänge auf der Bergkuppe unternehmen - das Gelände ist vermint.
Die türkische Altstadt besichtigt sich von selbst. Enge Gassen, Kupfer, Leder, Teppiche und duftende Märkte bedürfen keiner weiteren Anleitung oder Hilfestellung - you will see.
Die alte Frontlinie abgehen. Sie verläuft auf kroatischer Seite (rechts vom Fluss) und ist ebenfalls selbsterklärend.
Auf einer der Terrassen über der Neretva in der Abenddämmerung Wein trinken.
Sich im Pavarotti-Zentrum (türkische Seite an der oberen der beiden Straßen, die parallel zum Fluss verlaufen, am südlichen Ende der Stadt), den Handabdruck des Gründers in Gips bestaunen (große Pranken für große Gesten!) und das aktuelle Kulturprogramm holen. Wenn's geht, ein Konzert besuchen - am besten Klassik im Hof unter freiem Himmel!
In der Neretva baden, wenn es warm genug ist - das Wasser hat nie mehr als 17 Grad. Vor Beginn der zweiten Fußgängerbrücke von türkischer Seite kommend führen Stufen zu einer Betonplattform mit Badetreppe. Wenn es zu kalt ist, setzt man sich ans Ufer und starrt eine halbe Stunde lang ins Wasser, um über den Lauf der Dinge nachzudenken.
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Wasser ohne Sorge aus der Leitung trinken.
In der Pansion Most absteigen (Adresse). Ein Einzelzimmer kostet ca. 80 K-Mark, Doppelzimmer 120 K-Mark, mit Klimaanlage, was im Sommer eine echte Erleichterung ist. Für etwas weniger Geld (etwa 40-60 K-Mark) gibt es auf türkischer Seite bei einer Familie ein ganzes Apartment (drei Schlafzimmer, Küche, Bad, Wohnzimmer, Balkon). Wenn man freundlich nachfragt an der Rezeption von Pansion Most ("Ich habe gehört, dass es auf der anderen Flussseite in der Nähe des Spitals irgendwo ein Apartment zu mieten gibt?"), bekommt man Hilfe bei der telephonischen Anfrage - die Vermieterin des Apartments spricht weder Deutsch noch Englisch, die zwölfjährige Tochter dolmetscht, wenn sie zu Hause ist.
Die ältesten türkischen Wohnhäuser der Stadt besichtigen. "Türk-Haus": "Hier ist Orient am Westen" und "Weltbekannt", daneben das schmutzige Photo eines nicht mehr jungen, traditionell gekleideten Paares. Wahrscheinlich müssen sie solche Schilder aufhängen, um Geld von der UNESCO zu kriegen. Das Haus steht auf langen Vorderbeinen im Fluss, hat einen Hof voller Blumen, und vor den offenen Fenstern und Türen bewegen sich Laken im Wind. Kleine Schilder überall auf türkischer Seite weisen den Weg dorthin. In "Türk-Haus" befindet sich ein Museum. Wer sich nicht davon abschrecken lässt, dass darin auch gewohnt wird, kann es besichtigen.
Die nachgebaute Kathedrale besichtigen: Auf kroatischer Seite, der freistehende Turm ist schon von Weitem zu sehen. Ich zähle Waschbetonplatten und schätze den Turm auf fünfzig Meter Höhe. Ein Parkhaus in Kathedralenform oder umgekehrt, alles nachgebildet aus Zement: Bogenfenster, ein Eingangsportal mit Säulen, Rosette und Kassettendecke. Der Innenraum ist leer. Ich stehe in der größten Betonhalle, die ich je gesehen habe. Die Kirche ist nur zu den Gottesdienstzeiten geöffnet, welche an der Tür angeschlagen sind. Wenn man der Messe nicht beiwohnen will, hat man im Anschluss eine halbe Stunde Zeit zur Besichtigung, während die Menschen das Gebäude verlassen.
Eine halbe Stunde auf der provisorischen Brücke verbringen, die Stari Most (= Alte Brücke, zerstörtes Symbol von fünfhundert Jahren Völkerverständigung auf dem Balkan) ersetzt: Unter uns im Wasser baut eine türkische Firma das Fundament der Alten Brücke wieder auf. Fünfhundert Jahre später werden die Steine zum zweiten Mal aufeinander gesetzt, nach den alten Plänen aus dem Staatsarchiv in Ankara.
Frische Feigen von den Bäumen essen. Reichlich vorhanden vor allem am Ufer des Neretva-Zuflusses auf kroatischer Seite.
Falls gerade Juli oder August ist, erkundigt man sich, wann das traditionelle Showspringen in die Neretva stattfindet und geht hin, wenn es sich irgendwie einrichten lässt!
Im Mine Action Center um Minenaufklärung und Photokopien von Minenkarten bitten (Originale werden nicht gern verschenkt). Man überquert die Autobrücke von türkischer zur kroatischen Seite und biegt kurz vor Hotel Ero (nicht zu übersehen) rechts ab. Diese Straße (parallel zum Fluss) fährt man fast bis zum Ende. MAC befindet sich auf der rechten Seite und hat nur ein kleines Schild an der Tür.
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